Nun handelt es sich bei Weihnachtsmärkten nicht um irgendein gesellschaftliches Event, sondern um Veranstaltungen, die ihre Wurzel in der kirchlichen Tradition von Advent und Weihnachten und damit letztlich im christlichen Glauben haben. Ist der queere Weihnachtsmarkt an sich schon ein interessantes Ereignis, stellt sich darüber hinaus die wichtige Frage, wieweit diese Weihnachtsmärkte noch mit ihrer christlichen Wurzel in Beziehung stehen. Die Antwort darauf kann einen Beitrag zu der weiteren Frage leisten, wie christlich-religiös Queers im 21.Jahrtausend eingestellt sind.
Um diesen Fragen in der Praxis nachzugehen, habe ich seit Advent 2016 die queeren Weihnachtsmärkte besucht. Einigen Besuchern stellte ich Fragen, die für das Aufsatzthema wichtig sind. Den Charakter der fünf queeren Weihnachtsmärkte möchte ich unter verschiedenen Gesichtspunkten darstellen.
In einem anschließenden kurzen geschichtlichen Teil werde ich die Weihnachtsmärkte weltweit erwähnen, die nur für einige Jahre existierten.
Den queeren Weihnachtsmarkt in Hamburg („Winterpride“) (https://www.winterpride.de (2023),
https://www.facebook.com/WinterPride) gibt es seit 2010,
in Köln (2012-2017 unter dem Namen „Christmas Avenue“, seit
2018 bis 2021 „Heavenue – The Gay Christmas Market“(https://www.heavenue.de,
https://www.facebook.com/HeavenueCologne), 2023 als Pink Friday (queer.de) auf dem Weihnachtsmarkt Köln-Lindweiler) und
Frankfurt („Rosa Weihnacht“) (Facebook 2023, https://www.deutsche-weihnachtsmaerkte.de,
Orientierungsplan mit Rosa Weihnacht) seit 2012.
Berlin hat eine besondere Geschichte, 2005
gegründet, bestand er auf dem Nollendorfplatz unter dem Namen „Winterpride“ nur im Advent dieses Jahres (16.-31.12.)(3), wurde
aber 2019 am selben Ort neu gegründet unter dem früheren Kölner
Namen „Christmas Avenue“(https://christmas-avenue.berlin/(2023),
https://www.visitberlin.de/de/lgbtiq-winterdays-und-christmas-avenue).
Eine Vorstufe zu einem vollen queeren Weihnachtsmarkt finden wir aktuell:
-in Darmstadt mit dem 2014 gegründeten "vielbunten Weihnachtsmarkt" (https://www.vielbunt.org/aktivitaeten/vielbunter-weihnachtsmarkt/, https://www.vielbunt.org/weihnachtsmarkt/). Er ist - ähnlich wie im benachbarten Frankfurt - nur eine kleine Erweiterung des traditionellen Haupt-Weihnachtsmarktes. Anders als in Frankfurt ist er aber auch nicht durchgängig, sondern nur an einigen Tagen geöffnet. Das Bühnenprogramm ist allerdings sehr gehaltvoll, sowohl in seiner queeren Botschaft als auch in seinem christlichem Gehalt durch traditionelle Weihnachtslieder (z.B. „Christkind kommt bald“). 2022 wurde der "vielbunte Freitag auf dem Weihnachtsmarkt" gefeiert, und auch am 8.12.2023.
- Auch in Heidelberg (https://www.facebook.com/PinkMondayHD/) erstreckt sich der ebenfalls
2014 gegründete "Pink Monday" nur auf den ersten Montag in der Adventszeit. An diesem Tag aber ist der gesamte
Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz einschließlich des Rathauses rosa beleuchtet, die Aidshilfe betreibt einen Stand, und die meisten nicht-queeren Stände zeigen durch ein
Schild an, dass sie Teil des Pink Monday sind und damit die Arbeit der Aidshilfe unterstützen.
Auffällig bei diesem eintägigen queeren Markt allerdings ist die externe Unterstützung:
Die Stadt Heidelberg bewirbt diesen Markt offensiv über ihre Tourist-Info - Heidelberg-Marketing/Pink Monday (2023), und
die Mitarbeiterin dort konnte ihn detailliert beschreiben.
Außerdem findet sich in Heidelberg die größte ausdrückliche Beteiligung und Unterstützung durch die (evangelische) Kirche. Die an diesem Platz liegende Heiliggeistkirche
ist am Pink Monday außen und innen pink erleuchtet. Sie bietet an diesem Montag im Jahr 2017 außerdem als Begleitprogramm ein Orgelkonzert und eine Abendandacht
an. Diese Abendandacht enthielt ein meditatives Lob der Menschwerdung Gottes (»Gott, du HIV-Infizierter«) und ein Gedenken an die Aidstoten. Auch 2023 ist die Kirche während des
Pinkmonday am 4.12.23 wieder pink angestrahlt, und um 18 Uhr beginnt wieder
eine Adventsandacht zum Thema "Aidshilfe".
Im Jahr 2022 wird vom Queer Pride Würzburg ein neuer queerer Weihnachtsmarkt bei der Waldschänke Dornheim gegründet, und zwar der "Queer Christmas Market" in Würzburg an einem Wochenende, dem 4.Advent. (Facebook 1, Facebook 2) Neben den Ständen gab es auch ein Bühnen-Musikprogramm. 2023 hieß der Markt am 1.Adventswochenende "Queer Winter Wonderland" (2023 (frizz-wuerzburg.de)). (S.u. Kap. "Wie queer...", "Wie christlich ...")
- In Toronto, Kanada gibt es seit 2015 den Weihnachtsmarkt "Pink XMAS" (https://www.pinkmarkettoronto.com/, https://www.facebook.com/pinkmarketTO/). Er erstreckte sich auch nur über 2 Tage, 2022 wurde er eintägig und Teil des monatlichen Queermarket (torontoqueermarket.ca). Es handelt sich eigentlich um einen queeren Kleinkunstmarkt, und er findet im Community-Center (519 Church Street) statt. Queere Künstler sollen sich vernetzen und eine Gelegenheit haben, ihre – oft queer geprägten - Produkte als Weihnachtsgeschenke anzubieten.
Ab 2020 wird in Abbotsford im Großraum Vancouver, Kanada der eintägige "Fraser Valley Queer Christmas Market" gegründet (Adresse: Trinity Memorial United Church, 33737 George Ferguson Way, Abbotsford, BC, Facebook-Link, 2023), eigentlich auch ein queerer Kleinkunstmarkt.
2022 (Pressebericht 2022-1, Pressebericht 2022-2) und 2023 wurde in St.Paul-Minneapolis der zweitägige "Queer Holiday Market" (2023: "make your Yuletide Extra Gay this year!" https://allevents.in/) vor dem 3. bzw. 4.Advent abgehalten. Queere Händler verkauften lokale Weihnachts-Artikel, ein Drag Santa Claus trat auf, und ein Teil der Einnahmen kamen Aids-Kranken zugute.
2022 um den 3.Advent und 2023 um den 1.Advent wurde in New York in der queeren MCC-Kirche in der 36th West Str der dreitägige "Queer Holiday Market" veranstaltet - zur Unterstützung queerer Künstler*innen (Event-Link 2022) (2023: Event-Link, Facebook).
2021 wurde in Glasgow, Schottland, Großbritannien, eintägig "A Queer Christmas Market" im "Autonomous Space" gegründet (Event-Link 2021), 2022 unter dem Namen "Queer Winter Market" (Facebook-Link, Event-Link 2022) fortgesetzt. Neben einem bunten weihnachtlichen Programm haben queere Inhaber*innen kleiner lokaler Läden und Künstler*innen die Möglichkeit, ihre Artikel anzubieten.
2021 wurde bei der Mill Hill Chapel von Leeds in Großbritannien das erste, eintägige "Leeds Queer Yulefest" gefeiert (Facebook-Link, LeedsLive-Artikel: "Leeds to host its first LGBT Christmas market with cake, drinks and entertainment"), ebenso 2022 (Termin-Link). Queere Künstler*innen und Handwerker*innen konnten ihre Produkte verkaufen, und das queere Miteinander sollte gefördert werden. Der Chor der Mill Hill Chapel sang Weihnachtslieder. Organisiert wird der Markt von der queeren Hilfs-Organisation "Angels of Freedom".
2022 wurde in London im neuen LGBTQ+-Zentrum (Adresse: 60-62 Hopton Street, Blackfriars, SE1 9JH, London) in der Nähe der Themse am 2.Advent der eintätige "LGBTQ+ Winter Market" gefeiert (Market-Link des Zentrums).
Als queer habe ich solche Weihnachtsmärkte definiert, die zumindest an einem Tag queer-geprägte Stände aufweisen.
In dieser Untersuchung nicht beachtet wurden die vor allem in
Nordrhein-Westfalen entstandenen Treffen von Queers an bestimmten Tagen und Orten auf einem sonst nicht queer geprägten Weihnachtsmarkt:
Düsseldorf, Pink Monday (Facebook)(2023), jeden Montag, Schwarzwaldhütte, Weihnachtsmarkt Schadowplatz;
Duisburg, Pink Wednesday (Instagram (2023)), 20.12. 2023, Glühweinschiff Freyja, Weihnachtsmarkt Königstraße;
Essen, Pink Monday (2023),
Pink Monday-Facebook (2023), jeden Montag, Kardinal-Hengsbach-Platz, Stand »Zum Ritter«;
Stuttgart, GAYnachtsmarkt (https://www.regioactive.de (2023)), jeden Donnerstag, Marktplatz.
Es ist jedenfalls festzustellen, dass die Mehrzahl der queeren Weihnachtsmärkte in Deutschland konzentriert ist, so wie die Tradition klassischer Weihnachtsmärkte auch besonders mit Deutschland verbunden ist.
Ich befragte Besucher*innen nach ihrer sexuellen Orientierung: In Frankfurt waren fast alle Besucher hetero/a. An den vier anderen Märkten war die queere und nicht-queere Gruppe ungefähr gleich groß, wobei Berlin(4) und Köln den größten Anteil von queeren Besucher*innen aufwiesen. Das bedeutet, dass die Märkte einen weitaus höheren Anteil von Queers aufweisen, als es die 10% in der Gesamtbevölkerung sind, dass sie aber andererseits kein reines queeres Event (mehr) sind, sondern auch für viele Heteros/as attraktiv.
Das bestätigt auch das Selbstverständnis der queeren Märkte: Wie oben beschrieben, steht der Frankfurter Markt schon durch seine Lage in enger Verbindung zum traditionellen, nicht-queeren Weihnachtsmarkt. Auf der Website des Münchner Marktes ist eine direkte Einladung an Heteros ausgesprochen: „Pink Christmas ist eine Idee aus der schwul-lesbischen Szene für diese Szene. Das rosarote Vergnügen vereint die Bedürfnisse dieser besonderen Zielgruppe mit den traditionellen Qualitäten eines Weihnachtsmarktes. … Der Markt selbst wird aber ebenso gut von Nachbarn, Freunden, Familien und Touristen besucht – unabhängig von derer sexuellen Orientierung.“(5) In Berlin versteht man sich als „LGBTQI* Weihnachtsmarkt in Berlin“.(6) Der Frankfurter queere Markt charakterisiert sich so: "'Jeder kann sein wer er sein will' und damit stehen wir für diversity!"(7)
In Hamburg finden sich im Vergleich zu den anderen Märkten kaum kommerzielle Anbieter. Ein Grundprinzip ist dort, dass der Hauptstand an jedem Tag von einer Gruppe(8) der queeren Community betrieben wird und dadurch als kleinster der fünf Märkte den queersten Charakter hat: „Längst ist es liebgewordene Tradition: Beim Winter Pride präsentieren sich die verschiedensten Gruppen und Vereine aus der schwul-lesbischen Community. Diverse Initiativen stehen nicht nur mit viel Elan und guter Laune am Zapfhahn, sondern auch für Gespräche, Fragen und Anregungen bereit.“ Und über die Zielgruppe insgesamt wird auch gleich auf der Hauptseite von Winterpride kein Zweifel gelassen: „für Queers & Friends“.
Das Bühnenprogramm ist auf allen fünf großen Weihnachtsmärkten queer, findet in Hamburg und Frankfurt allerdings nur sporadisch statt, in München täglich eine halbe Stunde. Berlin und Köln bieten hier am meisten mit einem täglichen, mehrstündigen Bühnenprogramm.
Auch auf dem 2022 neugegründeten Würzburger Markt (s.o.) präsentiert eine lesbische Sängerin Lieder über Coming out und lesbische Liebe.In Frankfurt (ganz anders als im benachbarten Darmstadt, s.o.) finden sich am wenigsten queere Angebote an den Ständen. Dem entspricht die Lage des Weihnachtsmarktes und die überdurchschnittlich hohe Zahl heterosexueller Besucher*innen. (s.o.) Mittags waren der rosa Weihnachtsbaum und die rosa Mützen an einem Stand die einzigen Zeichen. Ansonsten sah ich normale Weihnachtsmarkt-Stände, die Essen und Getränke anboten.
Auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt finden sich aufgrund seiner geringen Größe nur wenige queere Artikel. Der von den Community-Gruppen betriebene Hauptstand bietet aber unter anderem Tassen mit queerem Aufdruck an.
In München wurden über die Jahre eine ganze Reihe queerer Artikel verkauft, zunächst natürlich eine Vielzahl am Stand der Aids-Hilfe, nämlich die legendären Aids-Bären, Seife in Regenbogenfarben und etliche Nahrungsmittel des Cafés Regenbogen der Aids-Hilfe. Weitere queere Artikel finden sich an den kommerziellen Ständen: Postkarten mit queeren Motiven (queer-(religiös): Beschriftung: "Frohes Fest der Liebe", wobei auf der Postkarte 2 männliche Hirsche in Zuneigung zu sehen sind.), ein Männer-Hochzeitspaar als Statue, „Meerjungmänner“ („Merman“ statt „Mermaid“) und männliche Elfen mit Engelsflügeln in vielfältigen erotischen Ausführungen und Variationen, z.B. ein Merman mit einer in weihnachtlichem Rot gefärbten Schwanzflosse, ein Penis-Hoden-Salzstreuer, ein Herzkissen mit einem steifen herausstehenden Penis, eine Reihe auffällig rosafarbener Artikel, auch rosa Handschellen für Sado-Maso-Orientierte.(9) Schließlich bietet ein Stand eine ganze Design-Linie mit dem Titel „Tussi on Tour“(10) in rosa an, darunter z.B. Tassen, Seifen, Parkscheiben, Werkzeugkasten, Auto-Eiskratzer u.a.. 2022 fand sich in München in einem Verkaufsstand ein künstlicher Weihnachtsbaum, dessen Nadeln in Regenbogenfarben eingefärbt waren.
In Köln finden sich auch eine Reihe Stände, die fast durchgängig queere Artikel anbieten, z.B. ein Weihnachtsstern in Regenbogenfarben, queere Weihnachtsbaum-Anhänger, schwule Häkelpuppen, ein Stand mit gemalten Penisbildern, die (auf Anordnung des Kölner Ordnungsamtes) 2016 abgeklebt(11) werden mussten. Außerdem trifft man Ralf-König-Postkarten und queere Kalender vom Gay Concept Store(12) an.
In Berlin fand ich Standbetreiber mit queeren Artikeln, die ihren Laden sonst im Szeneviertel am Nollendorfplatz haben. Dort wurden
Gemälde und Postkarten mit schwulen Motiven(13), Kerzen
in Penis- und Vulvaform, Penisnudeln, viele Artikeln in Regenbogenfarben und viele weitere Artikel für schwulen Sex verkauft. Schließlich wurde 2021 „Berliner Mumpitz Likör“
angeboten: Die Flaschen jeder Geschmacksrichtung sind jeweils Vertreter*innen der wild-frivolen, diversen Berliner Szene der 1920er-Jahre gewidmet, z.B.:
- mit Maracuja/Lemongras-Aroma der bisexuellen Ruth Landshoff-Yorck;
- mit Rhabarber-Kardamon-Aroma dem schwulen Queer-Aktivisten Magnus Hirschfeld.
2021 wird auch intensiv - auf der Bühne, mit Transparenten und Info-Zetteln - die Aktion „All Out“ und „Grundgesetz für alle“ beworben, die sich
für den Schutz von geschlechtlicher und sexueller Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes einsetzt.
In Würzburg wurde 2022 eine von einer Szenegruppe selbstgestaltete Postkarte verkauft mit der Aufschrift: "let's make the yuletide gay". Außerdem waren selbstgebackene Weihnachtsplätzchen in Vulven- und Penesform zu kaufen und Plätzchen, die in Form und Farbe einem Regenbogen nachempfunden waren.
Im Namen der vier großen queeren Weihnachtsmärkte findet sich überall ein typisch queeres Wort: Hamburg (…pride), Köln (.. Gay …), Frankfurt (Rosa …) und München (Pink …).
In Berlin und Hamburg allerdings bezeichneten sich nur 20% als Christen.
In Köln und in München konnte man explizit weihnachtlich-religiöse Artikel kaufen, zum Beispiel einen Regenbogen-Weihnachtsstern und queeren Weihnachtsbaumschmuck, auch Postkarten mit eher ernst-andachtsvollem ("Merry Christmas", "Frohe Weihnachten" oder humorvoll-religiösem Inhalt (Z.B. fragt Joseph auf einer verkauften Postkarte angesichts des Heiligenscheins des Jesuskindes in der Krippe: „Bleibt das jetzt die ganze Nacht an oder was?“).
Dazu passt, dass in Köln seit 2018 ausdrücklich durch den Weihnachtsmarkt-Namen mit religiösen Worten geworben wird: „HEAVENUE. The Gay Christmas Market“. Heavenue ist ja eine Kombination aus „Heaven“ und „Avenue“. Auf den Glühweingläsern von 2021 ist ausdrücklich der durchaus religiöse Wunsch „Merry Christmas“ zu lesen.
2018(14) wurde auf dem Münchner Pink Christmas ein neuer religiöser Akzent, nämlich ein religiös-jüdischer gesetzt: „Pink Chanukka“. Chanukka ist ein religiös-jüdisches Fest (gemäß den Makkabäerbüchern der Bibel), ungefähr zur Zeit des Advent, bei dem nacheinander 8 Kerzen an einem Leuchter entzündet werden. 2022 wurde hier wiederum Pink Chanukka gefeiert.(15)
In Berlin war an einzelnen Abenden das Bühnenprogramm nicht nur queer, sondern es wurden auch internationale Weihnachtsschlager mit christlichem Gehalt gesungen,
z.B. „Feliz Navidad“ oder „We wish You a merry Christmas“. Seit 2021 gibt es sogar einen eigens
geschriebenen Christmas-Avenue-Song // (You Tube) mit
Bezügen zur christlichen
Weihnachtstradition: „Merry Christmas, frohe Weihnacht auf der Christmas Avenue, Joyeuse Noel und Shalom.“- „Wir suchen das Licht, das die Nacht uns erhellt.“ Er wurde
auch 2022 regelmäßig zu Beginn des abendlichen Bühnenprogramms gesungen.
Allerdings wurden beim Karaoke im Jahr 2022 von den Besucher*innen kaum weihnachtliche Lieder ausgewählt, obwohl eine Reihe weihnachtlicher Titel
neben allgemeiner Pop- und Rockmusik zur Auswahl standen.
Hamburg zeichnet sich durch die größte religiöse Zurückhaltung unter den fünf Märkten aus: Der Hälfte der Befragten bedeutet Weihnachten gar nichts, der anderen Hälfte nur teilweise, was man als 25% Akzeptanz für die Weihnachtstradition deuten kann.
Dazu passt, dass sich nur im Hamburger Marktnamen kein Anklang an die christliche Weihnachtstradition findet („Winterpride“), in den drei anderen Namen dagegen schon (2x „Christmas“, 1x „Weihnacht“, 1x „Heaven“).
Auf dem 2022 in Würzburg gegründeten, zunächst nur zweitägigen Queer Christmas Market trägt eine lesbische Sängerin auch ein Lied von Weihnachten als
Fest der Liebe und der Menschlichkeit vor. Auch wurden von Szenegruppen selbstgestaltete
Weihnachtskarten verkauft mit der Aufschrift "stille queere Nacht",
weitere Karten mit der Aufschrift "fröhliche Weihnacht" mit Weihnachtsbäumen in Regenbogenfarben und
Karten mit der Aufschrift "queere Weihnacht" mit einem Stern von Bethlehem, dessen Schweif in Regenbogenfarben gezeichnet ist.
Das Ergebnis der Umfrage widerlegt aber diese intuitive Unterstellung durch den überraschend hohen Anteil der Besucher*innen, denen das Weihnachtsfest etwas bedeutet, immerhin über 75 % an vier der fünf Märkte, einmal fast 100%. Und selbst die 25% in Hamburg bedeuten keine komplette Ablehnung.
Religionsphänomenologisch ist jedoch das Aufsuchen von religiösen Räumen und von Veranstaltungen, die durch die christlich-religiöse Tradition begründet sind, niemals religiös neutral oder religiös bedeutungslos.
Die queeren wie die meisten traditionellen Weihnachtsmärkte mögen im expliziten Sinne keinesfalls eine religiöse Veranstaltung sein. Das Weihnachtsereignis mag wie eine unsichtbare Wurzel und ein heute nicht mehr bedeutsamer historischer Anlass erscheinen. Und das ziemlich weltliche Gebaren auf den Weihnachtsmärkten scheint dies zu bestätigen.
Jedoch ist es oberflächlich, nur nach der expliziten, rein manifesten Religiosität zu fragen. Wie bei einer Pflanze mag die Wurzel eines Ereignisses nicht sichtbar sein, aber sie bleibt bedeutsam. Zudem darf der Einfluss der vielfältigen weihnachtlichen Symbole auf die Besucher*innen nicht unterschätzt werden, der dadurch nicht beseitigt wird, dass sie mit schwulen Symbolen verbunden werden, wie z.B. der in Köln verkaufte Weihnachtsstern in Regenbogenfarben.
Würde es nur um die Feier, Musik und gute Stimmung gehen, hätte man vor gut einem Jahrzehnt auch einfach queere Straßenfeste in der Adventszeit einrichten können, die denen während eines CSD ähneln.
Dass dies aber nicht geschah, sondern bewusst queere Weihnachtsmärkte gegründet wurden, stellt diese Märkte in die christliche Weihnachtstradition und zeigt zumindest auf der impliziten, symbolischen und tiefenpsychologischen Ebene eine wie auch immer geartete Beziehung zu dieser Tradition. Dass die Besucher*innen sich dieser Beziehung zumindest teilweise auch explizit bewusst ist, zeigen die zustimmenden Äußerungen bei der Befragung, auch wenn die meisten sich vermutlich mit ihren Freunden*innen auf den Märkten ansonsten wenig explizit über den christlichen Weihnachtsglauben unterhalten. Jedoch verbindet viele Besucher*innen die positive Beziehung zu Symbolen wie Licht, Wärme und Weihnachtsliedern, die auch die queeren Weihnachtsmärkte prägen. Menschen spüren die starke Kraft von Symbolen und begeben sich nur dann in Räume, die von bestimmten Symbolen (z.B. den auch auf queeren Weihnachtsmärkten gespielten Weihnachtsliedern christlichen Inhalts) geprägt sind, wenn sie eine positive Beziehung zu diesen Symbolen haben.(16)
Man könnte hier auch von einer latenten Weihnachtsreligiosität sprechen – in Anlehnung an Dorothee Sölles Reden von einer latenten Kirche neben der manifesten Kirche, wodurch sie die latente Christlichkeit von Menschen würdigt: „Latente Kirche ist dort, wo Menschen mit Christus zu tun haben, nicht kirchlich und keineswegs immer bewußt“.(17)
Es fällt auch auf, dass tendenziell die religiöse Einstellung von Besuchern queerer Weihnachtsmärkte zur Religiosität der Gesamteinwohner*innen dieser
Großstadt(18)
analog ist, auch wenn der absolute Prozentwert abweichen mag: In Köln und München liegt die Zahl der Kirchenmitglieder ungefähr bei knapp unter 50%, in Frankfurt unter 40%.
In Hamburg liegt sie bei 35% und in Berlin bei 25%, wo meine Befragung auch die geringste christlich-religiöse Einstellung der Besucher*innen ergab (s.0.).
So findet sich also eine ähnliche Abstufung der positiven religiösen Äußerungen bei meiner Umfrage. (Die einzige Abweichung von dieser Regel ist die positive emotionale Einstellung zu
Weihnachten in Berlin im Sinne latenter Religiosität.) Auch wenn die Zahl der von mir befragten Besucher*innen nicht wissenschaftlich repräsentativ ist, bestätigt
das Ergebnis der Umfrage, dass die Religiosität von Queers nicht unabhängig von der sie umgebenden Gesamt(-Stadt)-Gesellschaft ist, sondern in einer gewissen Analogie zu ihr steht.
Einen queeren Weihnachtsmarkt zu etablieren, das ist deshalb besonders schwierig, weil er auf keine spezielle queere Tradition zurückgreifen kann. Diese Schwierigkeit
kann nur dann ausgeglichen werden, wenn eine ausreichend große Anzahl von Queers mit christlich-religiöser Beziehung vorhanden ist. Deshalb gibt es queere Weihnachtsmärkte
grundsätzlich nur in den größten Städten und meist nur in solchen großen Städten, in denen es ein gewisses Maß an positiver Einstellung zum christlichen Glauben und zum
Weihnachtsfest gibt.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die in der Woche des 1.Advent 2023 durchgeführte
Umfrage auf queer.de zur persönlichen
Bedeutung von Adventskränzen: Von den vermutlich fast nur queeren Teilnehmer*innen antworteten 62 % positiv und 38 % negativ.
Ebenso interessant ist die Umfrage auf queer.de in der Woche des 3.Advent: Ca. 75 % wollen
Weihnachten feiern und 25 % nicht.
Ist deshalb der erste queere Weihnachtsmarkt in Berlin gescheitert (s.o.) und wurde erst 2019 (Jahre später als anderen deutschen Großstädten) neugegründet? Gibt es deshalb keine queeren Weihnachtsmärkte in den Großstädten Dresden (20% Christen), Halle (13%) und Magdeburg (10%)?
Hatten deshalb die queeren Weihnachtsmärkte in Amsterdam und Stockholm keinen Bestand, wie im folgenden Abschnitt dargelegt wird?
Durch die Besucherzahlen auch der traditionellen Weihnachtsmärkte in Deutschland(19) wird die Vermutung bestätigt, dass die Religiosität der Menschen die Besucherzahlen eines Weihnachtsmarktes beeinflusst. Berlin als größte Stadt Deutschland kommt nicht unter die zehn Städte mit den meisten Weihnachtsmarktbesuchern*innen. Die meisten dieser zehn Städte zeigen gegenüber Berlin eine relativ hohe Religiosität. Es führt Köln mit 4 Millionen Besuchern*innen. 4 von 5 Städte mit queeren Weihnachtsmärkten gehören auch zu dieser Gruppe der führenden zehn: Frankfurt und München mit 3 Millionen und auch Hamburg gerade noch mit fast 2 Millionen Besuchern*innen der traditionellen Weihnachtsmärkte.
Von 2009 bis 2013 gab es in Stockholm im Rahmen der Aktion "Pink Christmas" auch einen Weihnachtsmarkt.(21)
Von 2014 bis 2015 bestand in Wien am Naschmarkt der sehr große queere Weihnachtsmarkt "Pink Christmas".(22)
Nur im Jahr 2015 wurde in Mannheim ein kleiner "Rosa Christkindlmarkt"(23) veranstaltet, der zudem nur eine kleine Erweiterung des traditionellen Neckarstädter Marktes war.
Überraschend ist die religiöse Einstellung vieler Besucher*innen im Blick auf Weihnachten: zwar nicht extrem fromm, aber doch unerwartet positiv. Dass sich viele queere Weihnachtsmärkte - überraschend - erfolgreich etablieren konnten, ist auch ein Ausdruck des zumindest latent vorhandenen Weihnachtsglaubens einiger Queers und damit letztlich auch ihrer zumindest latenten Christlichkeit. Queere Weihnachtsmärkte sollten also nicht nur kritisch als eine queere Spaßveranstaltung unter anderen betrachtet und im Blick auf die innere Einstellung der Besucher*innen unterschätzt werden. Nicht nur die Besucher*innen, sondern vor allem auch die Gründungspioniere einer aktuell sehr dynamischen (und vermutlich in den nächsten Jahren mit neuen queeren Weihnachtsmärkten sich fortsetzenden) Bewegung verdienen unseren Respekt und unsere Anerkennung.
Die exegetische und hermeneutische Betrachtung der ausgewählten Bibelstellen nimmt nicht für sich in Anspruch nun einen neuen Skopus der altbekannten Texte gefunden zu haben. Auch werden in den Texten Queers (Schwule, Lesben, Bi-, Transsexuelle (LGBTQ)) nicht ausdrücklich-explizit erwähnt. Vielmehr geht es darum, verborgene queere Aspekte zu entdecken, die in großer Ähnlichkeit, Parallelität und Analogie zu queeren Lebensformen und -realitäten stehen. Diese Andachten wurden regelmäßig seit 2005 im queeren Zentrum gehalten.
Queers, die wegen ihres Queerseins, z.B. ihrer Homosexualität ausgegrenzt wurden, deren schöne Erfahrungen mit (queerer) Liebe von ihrer Umgebung abgewertet wurde, die aus ihren Familien ausgestoßen wurden, die ins Gefängnis kamen, obwohl sie für und mit einem anderen Menschen nur Positives erlebt hatten, die fühlten und fühlen sich wie ein Volk, das im Dunkeln lebt und das in der Finsternis wohnt (Jes 9,1). Gerade ihnen gilt die Weihnachtsbotschaft des hellen Lichtes (Jes 9,1).
Der hier angekündigte Messias, auf den wir in der Adventszeit warten und dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern, wird für die (im Ansehen) Geringen (hebr: Dalim) Recht sprechen (we-shapat) und den elendig Leidenden (Anwej) ihr Recht verschaffen (we-hochiach).
Queers waren jahrhundertelang solche Geringen und Leidenden in den meisten Ländern. So gilt gerade auch ihnen diese adventliche Verheißung, nämlich Gerechtigkeit, also Gleichberechtigung und Akzeptanz, wie jeder andere Mensch zu erlangen.
Ganz besonders aktuell ist im Advent 2016 diese Verheißung, denn endlich scheint der Bundestag bereit, die in den ersten 20 Jahren der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 175 gefällten Unrechtsurteile als menschenrechtswidrig aufzuheben und den Betroffenen eine Entschädigung zu zahlen. Im Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums von 2016 heißt es: Homosexuelle "Handlungen unterfallen – wie einverständliche heterosexuelle Handlungen – als freie Entfaltung der Persönlichkeit dem Schutz des Grundgesetzes (Art. 2 GG) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Ihre Kriminalisierung und die daraus resultierende Strafverfolgung Homosexueller sind menschenrechtswidrig. Niemand soll den Fortbestand des Strafmakels aus einer darauf beruhenden Verurteilung hinnehmen müssen. Der Gesetzgeber wird dieses Unrecht daher in Form eines Aufhebungsgesetzes korrigieren."
Siehe hierzu den Artikel "§ 175: Regierung hat keinen Zeitplan für Aufhebung der Urteile".
Jesaja ist ein adventlich-weihnachtlicher Prophet, weil wir bei ihm (vor allem Kapitel 9 (siehe oben) und 11) die wichtigsten Aspekte der Menschenwerdung Gottes, der Geburt Jesu viele Jahrhunderte im voraus finden.
In Jesaja 53 wird nicht speziell seine Geburt vorhergesagt, aber Wesen und Charakter von Jesus insgesamt, speziell seines Leidensweges, der am Weihnachtsfest geboren wird. Dieser hier vorhergesagte Leidensweg zeigt frappierende, ins Auge springende Ähnlichkeiten zum jahrhundertelangen Leidens- und Verfolgungsweg von Queers:
Vers 3: "verachtet und von den Menschen gemieden", "man wendet sich ab von ihm", "nicht (wert-)geschätzt". - alles Erfahrungen, die Queers zur Genüge gemacht haben.
Vers 4: "Wir (die Mehrheitsgesellschaft) meinten, er wäre von Gott geschlagen" - fromme Kreise, die Homosexualität als Sünde und Strafe Gottes annahmen und damit Queers besonders stark herabwürdigten.
Vers 6: "Wir hatten uns alle verirrt." - Eine Erfahrung, die (gerade auch fromme) Homophobe machen, wenn sie sich vorurteilsfrei mit Homosexualität, Queersein beschäftigen und Queers persönlich begegnen.
Vers 7: "Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf." - In den langen Jahrhunderten der Verfolgungsgeschichte haben Queers sich meist nicht gewehrt, alles über sich ergehen lassen, wurden noch selbstaggressiv und haben sich für ihr Queersein gehasst. Im Unterschied zu den politischen Gefangenen verhielten sich Queers auch so unter den Nazis und im KZ. Aber selbst in den Verfolgungszeiten der frühen Bundesrepublik Deutschland haben sich Queers weggeduckt und ihre Sexualität im Verborgenen gelebt, statt sich selbst bewusst gegen die repressiven Strukturen und Menschen zu wehren. Dies änderte sich erst Ende der 60er-Jahre.
Vers 8: "Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, doch wen kümmerte sein Geschick?" - die jahrhundertelange, gegen queers gerichtete Justiv-Verfolgungsgeschichte.
Vers 9: "Bei den Ruchlosen gab man ihm sein Grab, ... obwohl er kein Unrecht getan hat." - Selbst nach der Todesstrafe wurden Queers noch als ruch- und ehrlose Menschen diskriminiert und - wenn überhaupt - nur auf eine herabwürdigende Weise bestattet - obwohl sie durch ihren einvernehmlichen, queeren Sex kein Unrecht taten, nämlich niemanden schadeten.
Vers 11: "Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht." Hier tritt wieder ein Aspekt von Weihnachten hervor - das Licht des Stalls von Bethlehem als Zeichen der Nähe und Liebe Gottes. Dies ist allen Leidenden, auch den leidenden Queers, zugesagt. Sollten sie in eine der zuvor erwähnten Notlagen kommen, dann ist dieser Vers - speziell zu Weihnachten - ihre geistliche Ermutigung.
V 2a1: "Er wird sie geplagt werden lassen" - Diese Geplagten sind auch queere Menschen in einem Lebens-Umfeld, das ihnen Leid und Bedrägnis bringt.
ab V 2a2: Die in der "weihnachtlichen" Geburt gegründete Erlösung befreit diese "Geplagten".
V3.4: Ein Ergebnis der weihnachtlichen Erlösung ist, dass die Geplagten sicher und in Schalom/Frieden leben können.
Im Stammbaum Jesu kurz vor dem Bericht von seiner Zeugung und Geburt befinden sich auch Personen, deren Verhalten durchaus im queeren, schwul-lesbischen Sinn gedeutet werden kann. In Mt 1,5 wird Ruth, in Mt 1,6 König David genannt.
Ruth lebte in einer Frauenbeziehung zu ihrer Schwiegermutter Na'omi. Als ihr Mann, Na'omis Sohn, gestorben war, wollte sie die weibliche Gemeinschaft mit ihrer Schwiegermutter nicht auflösen, sprach den berühmten, zärtlichen und für lesbische Trauungen sehr passenden Satz: "Rede mir nicht ein, dich zu verlassen und mich von dir abzuwenden und umzukehren. Denn wohin du gehst, dahin gehe auch ich. Und wo du bleibst, da bleibe auch ich." Mit diesen Worten zieht Ruth mit ihrer Schwiegermutter nach Israel und heiratet dort letztendlich (heterosexuell) den Boas.
David pflegte mit Jonathan, dem Sohn König Scha'uls, eine zärtlich-homoerotische Freundschaft: "Und Jonathan ließ auch David bei seiner Liebe zu ihm schwören, denn er liebte ihn wie sein eigenes Leben." (1.Sam 20,17) - "Dann küssten sie einander und weinten miteinander. David hörte nicht auf zu weinen."(1.Samuel 20,41) - Nach dem Tod Jonathans klagt David mit zärtlich erotischen Worten: "Ich trauere sehr um dich, mein Bruder Jonathan; du warst mir sehr lieb. Deine Liebe war für mich großartiger als die Liebe einer Frau." (2.Samuel 1,26)
Eine queer-biblische Andacht zum 2.Advent auf der Basis dieser Bibelstellen finden Sie hier unten.
Die Geburt Jesu löst eine sich immer mehr steigernde und ausweitende Welle des Lichts, der Erkenntnis der göttlichen Wahrheit, der Freude aus. Es beginnt mit einer kleinen, verachteten Gruppe, nämlich den Hirten (siehe unten Kapitel 6.) die dem Licht und der Wahrheit Gottes folgt und zieht dann Kreise bis in die etablierten, bürgerlichen Schichten.
Genauso war die Entwicklung der queeren Bewegung, der Schwulen- und Lesbenbewegung: Es begann mit kleinen verachteten, belächelten, bekämpften Gruppen, vergleichbar den verachteten Hirten, die zuerst zur Krippe kamen:
Karl Heinrich Ulrichs als Einzelkämpfer,
das wissenschaftlich-humanitäre Komitee von Magnus Hirschfeld als absolute Randerscheinung,
schließlich die kleinen kämpferischen Schwulen- und Lesbengruppe in den 1960er- und 1970er-Jahren, deren Außenseiterdasein sich dadurch zeigte, dass sie oft in linksradikale Gruppen eingebunden waren, weil ihnen andere politische Gruppen keine Heimat boten.
Dann aber setzten sich die Gedanken des Guten, der Menschenrechte mehr und mehr durch, fanden Platz in den Parteien des Parlaments und schließlich sogar bei konservativen Parteien: von den Grünen über die SPD zur CDU/(CSU). Dementsprechend und ganz analog kommt in einer 2.Phase in der Weihnachtsgeschichte das Licht und die Wahrheit des Jesuskindes zu den bürgerlichen Vertretern, den 3 Weisen ("Könige) (Mt 2,1), deren Wohlstand an den Möglichkeiten einer weiten Reise und den Geschenken (Mt 2,11) sichtbar wird.
Die Weisen suchen den König der Juden (Mt 2,2), auf den sie ein Stern hingewiesen hat. Die Weisen stammen aus einem anderen Volk - vermutlich aus Persien. Jesus wird als Jude geboren, in das Volk der Juden hineingeboren. Das jüdische Volk war und ist ein Minderheitenvolk - genauso wie Queers.
Die alte Bezeichnung für Juden, beziehungsweise für ihre Herkunftsgruppe ist "Hebräer" (2.Mose 3,18). Die Hebräer werden - auf denselben Wortstamm zurückgehend - in altägyptischen und akkadischen Quellen " 'pr " oder "apiru" genannt. Diese ist nicht nur eine Minderheitengruppe, sondern zusätzlich eine diskriminierte Minderheit: Es waren die sozial Deklassierten, Abgewerteten, Ausgegrenzten des Alten Orients, die die einfachsten Hilfsarbeiten zu leisten hatten - wie die Israeliten in Ägypten (2.Mose 1,11+16). So steht das jüdische Volk den Queers als Minderheitengruppe und als diskriminierte Gruppe nahe. Und als Gott auf die Welt kommt, wird er in das Volk einer diskriminierten Minderheit hineingeboren. Queers, die genau zu so einer Gruppe gehören, dürfen sich deshalb mit vollem Herzen beim Jesuskind in Bethlehem zu Hause fühlen und mit ihrem Queersein ganz besonders wiederfinden.
Es handelt sich hier um die berühmte Bibelstelle, auf der der Glaube der Jungfrauengeburt beruht.
- Der Engel Gabriel kündigt Maria an, dass sie schwanger sein wird, ohne vorher Hetero-Sex gehabt zu haben. Hetero-Sex fällt aus, und trotzdem gibt es Nachwuchs, ein Kind. Das sei denjenigen entgegengehalten, die behaupten, die Menschheit würde aufgrund von Queers aussterben.
- Der (Heilige) Geist (Lk 1,35; Mt 1,18.20) heißt hebräisch Ruach, und die Ruach ist zumeist weiblichen Geschlechts (Plural: Ruchot). Also haben wir hier lesbischen Sex zwischen Maria und der Ruach. 2 Frauen haben Sex miteinander, und das Ergebnis ist ein göttliches Kind.
- Joseph, der Vertreter des männlichen Geschlechts hat gar keinen Sex mit (s)einer Frau und steht am Rande, weil er nur den queeren lesbischen Sex stören würde. Jospeh tritt hier überhaupt nicht als Heterosexueller in Erscheinung.
Geht man vom katholischen Dogma der immerwährenden Jungfräulichkeit Mariens aus, dann werden die Verhältnisse noch anti-heterosexueller: Es gibt zwischen Joseph und Maria lebenslang keinen heterosexuellen Verkehr.
Hier - im sogenannten Lobgesang der Maria - wird Gott von Maria gepriesen - im Blick auf ihre Schwangerschaft mit Jesus Christus, dem Gottessohn. Queers fühlten und fühlen sich durch ihre Ausgrenzungserfahrung und die Erfahrung, verachtet zu werden, manchmal wie kleine, erniedrigte Menschen. Genau diese Menschen preist Maria im Namen Gottes selig:
- Gott schaut auf "(segnet) Niedrigkeit" (Lk 1,48),
- Gott "erhöht die Niedrigen" (Lk 1,52),
- Gott "beschenkt Hungernde" (Queers hungern nach Gerechtigkeit und Akzeptanz.) (Lk 1,53).
Queers wurden und werden diskrimiert, ausgegrenzt, ausgestoßen und erleben sich zuweilen als Fremde in ihrer Lebenswelt.
Da die lukanische Weihnachtsgeschichte mehrfach von Ausgrenzungs- und Fremdheitserfahrungen berichtet, können sich Queers hier mit ihren Problemen und ihrem Leiden wiederfinden.
- Listen
Die Weihnachtsgeschichte nimmt dadurch ihren Anfang, dass ein Erlass ergeht, dass alle Bewohner "apografestai" (V 1) (sich in eine (Steuer-)Liste eintragen lassen, in eine Liste eingetragen werden) (Census). Das gilt auch für Maria und Joseph. Der "antike Leser ... weiß, dass mit einem Census eine brutale Eintreibung von Steuern für Rom beginnt, die zumal die Ärmsten nicht verschont."(Stegemann, Wolfgang: Das Weihnachtsevangelium des Lukas. Im historischen Kontext gelesen, Korrespondenzblatt der ev-luth. Kirche in Bayern, 12 (Dezember 2015), 165-170, 168) - Es "wurden die Abgaben zu einer unerträglichen Last." (Stegemann, Ekkehard W.; Stegemann, Wolfgang: Urchristliche Sozialgeschichte, Stuttgart, Berlin, Köln 1995, 113)
Seit dem 19. Jahrhundert bis vor wenigen Jahrzehnten wurden Queers in Mitteleuropa auch in sogenannte Rosa Listen
(wikipedia-Artikel "Rosa Liste") der Polizei und des Staates zwangsweise eingetragen. Sie wurden dadurch noch zusätzlich diskriminiert und an den Rand gedrängt, und es erging ihnen ähnlich wie den Armen zur Zeit von Jesu Geburt mit der Eintragung in Steuerlisten.(Vers 1,2,3,5)
Die queere Emanzipationsbewegung in München hat diese Diskriminierung durch (Rosa) Listen aufgenommen und umgedreht, indem sie eine Partei "Rosa Liste" gründete, die in der Münchener Kommunalpolitik sehr erfolgreich ist.
- Fremdheitserfahrung
Maria und Joseph gehören eigentlich zur Familie Davids in Bethlehem im Stamm Juda. Deshalb müssen sie zur Volkszählung dorthin ziehen.
Ein Israelit, der in einem fremden Stamm wohnte, galt als Fremder: Ein Levit z.B., der im Stammesgebiet Ephraim wohnt, wird als Fremder bezeichnet (Richter 19,1).
So waren Maria, Joseph und dann auch Jesus als Angehörige des Stammes Juda in ihrem Wohnort Nazareth im Stammesgebiet Sebulon sozusagen Fremde. In ihrem Herkunftsort Bethlehem, wo sie schon lange nicht mehr wohnten, waren sie bei der Geburt Jesu sowieso Fremde.
Ihre Alltagserfahrung ähnelt damit der Fremdheitserfahrung von Queers, die von der Mehrheitsgesellschaft mehr oder weniger ausgegrenzt werden. Eine weitere Fremdheitserfahrung machen manche Queeers in neuester Zeit. Durch zunehmende Gentrifizierung und Individualisierung im Zusammenhang mit der Verlagerung des Soziallebens in elektronische Kommunikation schrumpft in vielen Orten die öffentliche queere Szene, bisher ein Ort der Vertrautheit in einer teilweise fremden Gesellschaft. Durch Schrumpfen dieser vertrauten Orte nimmt - vor allem bei älteren Queers, die mit elektronischen Medien und Plattformen wie Grindr und Gayromeo nicht mehr klarkommen - die (auch weihnachtliche) Fremdheitserfahrung zu. (Vers 4)
- Ausgrenzung
- Maria und Jospeh finden keine Unterkunft in Bethlehem und sind damit Ausgegrenzte (Vers 7b) - so wie Queers es auch erleben.
- Als Maria und Joseph eine Unterkunft finden, ist diese auch ein Zeichen der Ausgrenzung: Jesus wird in einer Krippe gelegt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er in einem Stall geboren wurde. In Israel waren Ställe ungemütliche Höhlenställe, naß, kalt und viel ungemütlicher als ein Holzstall - ein Ort extremer Erniedrigung und Ausgrenzung. (Vers 7a)
- Hirten (Vers 8) waren eine der verachtetsten Berufsgruppen, von der Mehrheit der Gesellschaft ausgegrenzt. Sie sind die ersten, denen Gott durch die Engel die Geburt des göttlichen Kindes mitteilt (Vers 10-11), und sie sind die ersten Besucher an der Krippe (Vers 16). Das ist ein Zeichen für Gottes Segen für die Ausgegrenzten und Verachteten.
So ist die klassische Weihnachtsgeschichte eine Ermutigung für die, die aus den verschiedensten Gründen ausgegrenzt sind, auch für die queere, sexuelle Minderheit.
Habe grad auch gelesen: „Er (das Jesuskind) ist dazu bestimmt, dass viele sich erheben (aufstehen)“. Die meisten Queers lebten Jahrhunderte (und in manchen Ländern heute noch) in der Angst, sich zu outen, offen über Homosexualität und Transidentität zu sprechen, lebten/leben versteckt in der Tabuzone, von der Mehrheitsgesellschaft unterdrückt, an den Boden gedrückt. Öffentlich zu seiner Identität zu stehen, Coming out - das entspricht genau dem, was hier im Bibeltext „sich erheben/aufstehen“ genannt wird. Von der Zukunft des Jesuskindes sagt Simeon hier vorher, dass er unterdrückten Menschen helfen wird, so aufzustehen.
Aufstehen aus der Verachtung – dazu passt die jüngste Weihnachtstradition, die gar nicht ausdrücklich vom christlichen Glauben redet, aber doch viel damit zu tun hat: Rudolf
mit der roten Nase (Rudolph, the red-nosed reindeer). Das Gedicht von 1939 wurde 1949 für das Fernsehen
vertont ("Wikipedia-Artikel") und dadurch berühmt.
Rudolphs Leben ist der Erfahrung von Queers sehr ähnlich: Er wird anders als die anderen geboren – mit einer roten, leuchtenden Nase. Die Eltern wollen kein Minderheitenkind, zwingen
ihn sein Minderheitensein zu verbergen und seine rote Nase mit einem schwarzen Nasenaufsatz zu verstecken. Nach dem Herunterfallen der roten Nase, erlebt er sein Zwangs-Outing und
Ausgrenzung, so dass er traurig wegläuft.
Aus leidvoller Erfahrung kann er mit Ausgegrenztem mitfühlen, auch mit hässlichem Spielzeug, das keiner haben will.
Schließlich sieht Santa Claus am Weihnachtstage wegen Dunkelheit und Schneesturm keine Möglichkeit, mit den Schlitten zu fahren. Rudolph der verachtete und unterdrückte, ist die
Rettung, denn nur wegen seiner leuchtenden Nase kann der Weg erhellt und gefunden werden. Die anderen Renntiere freuen sich über sein Minderheitenmerkmal „rote Nase“, und im Gepäck ist
auch das abgelehnte Spielzeug. Das scheinbar hässliche Spielzeug, vor allem Rudolph erhebt sich aus der Verachtung, steht auf – genau dazu wird das Jesuskind später Menschen
ermutigen, wie der gelesene Bibelvers sagt.
Eine queer-biblische Andacht zum Chanukkah-Fest 2021 auf der Basis dieser Bibelstellen finden Sie hier unten.
Im Leiden, Kreuzigung und Tod Jesu Christi konnten sich früher und können sich auch heute Queers mit ihrer Lebenslage wiederfinden.
Jesus wurde unschuldig zum Tode am Kreuz verurteilt. So werden auch heute Homosexuelle in manchen Ländern zum Tod verurteilt (z.B. Saudi-Arabien, Iran), obwohl sie niemanden
geschädigt haben. Daneben werden Queers auch in liberaleren Staaten von Homophoben umgebracht (z.B. Matthew Shepard in den USA) oder der Transmann Malte beim CSD in Münster
im Jahr 2022 (queer.de-Artikel).
Urheber der Leiden Jesu waren Religionsvertreter. Auch heute verursachen queerfeindliche Religionsvertreter das Leiden von Queers, von denen sich nicht wenige trotzdem nicht von
Gott, Jesus Christus und dem Glauben wegdrängen lassen, obwohl sie allen Grund dazu hätten. (Eine Verschärfung christlicher Queerfeindlichkeit, die bis heute teilweise fortwirkt, begann
vor allem im Spätmittelalter.)
Ostern: Die Frauen kamen zum Grab und sahen, dass der Stein weggewälzt war. Der Stein vor der Grabhöhle ist weggerollt, das Gefängnis des Todes ist geöffnet. Neues Leben
statt dem Tod. Die geöffnete Grabhöhle: ein Bild für ein Outing. Sich in der Höhle der Verlegnung zu vergraben ist Selbstaggression, Selbstzerstörung (zumindest für die Seele),
Tod. Im Englischen sagt man für das ungeoutete Leben: „to live in the closet“, im Schrank (eingeschlossen) leben. Der Weg zur geöffneten Grabhöhle ist ein Weg der Trauer, wie
die Anhänger/innen Jesu traurig am Ostermorgen zum Grab gehen. Wer sich outet als schwul, lesbisch,
trans, der geht manchmal auch heute diesen Schritt traurig/ängstlich, mit Schwierigkeiten, z.B. wenn danach Angehörige/Freunde das Queersein (zunächst) nicht
akzeptieren, sich mit Verachtung abwenden.
Dennoch: Outing ist so etwas wie Auferstehung und Leben. Wer den Schritt macht, der wälzt den Stein seines
Verstecks weg und geht heraus aus der Höhle – wie Jesus am Ostermorgen bei seiner Auferstehung. Es ist die Erfahrung von
Befreiung, neuem Leben – eben wie eine Auferstehung. Der Stein ist weggewälzt, das Versteck gesprengt, ungeahnte Lebensmöglichkeiten bieten sich – offen und neu zu leben.
Jesus Leben ist stärker als der Tod. Dies können Frauen als erste sehen, als sie zum Grab kamen. Das ist eine sehr bewusste Hochachtung von Frauen im Glauben am wichtigen
Osterfest. Die herausragende Rolle von Frauen als erste Predigerinnen der Auferstehung zu Ostern zeigt eine (queere) Alternative zur damals vorhandenen Übermacht
von heterosexuellen Männern.
Jesu Lebenskraft ist stärker als die Vernichtungsabsichten, die Mordpläne gegen unschuldige Minderheiten, auch gegen uns Queers. So können wir auch die zunehmende Toleranz, die
zunehmenden Rechte und die gestiegene Liberalisierung gegenüber Queers in den letzten Jahrzehnten wie eine kleine Auferstehung, wie ein neues Leben verstehen – als queere,
österliche Freude ansehen und erleben.
Die Moabiter beauftragen Bileam, damit er Israel verflucht und nicht segnet. Aber Gott zeigt Bileam, dass er Israel segnen soll (4.Mose 22,32; 24,1). So stellt sich Bileam gegen
die Meinung der Mehrheit (4.Mose 23,8) und segnet Israel (4.Mose 24,3-9).
Ganz analog zu den Moabitern verweigern einige Kirchenmitgliedern den gleichgeschlechtlich Liebenden den Segen und die kirchliche Trauung. Aber in ihrer
Irrmeinung, dass Gott queere Liebe verflucht, liegen sie falsch wie Bileam und erkennen in ihrem Leben hoffentlich bald Gottes Zeichen der Liebe, dass sie auch
Homosexuellen den Segen Gottes nicht verwehren sollen.
Liebe adventliche Gemeinde, liebe queere Mitchristen,
in den Adventswochen stehen Bibeltexte im Vordergrund, die mit der Vorbereitung der Geburt Jesu Christi zu tun haben. Einer dieser Bibeltexte ist der Stammbaum Jesu. Wir finden ihn ganz am Anfang des Matthäus-Evangeliums, direkt vor dem Bericht der Geburt Jesu. Viele empfinden diesen Abschnitt beim Lesen als mühsame Aneinanderreihung von Namen. Es ist jedoch voreilig, diese Sätze einfach so abzuhaken.
Denn - hinter den Namen finden sich spannende Menschen, etliche mit einer queer-sexuellen Persönlichkeit. 2 von ihnen möchte ich heute genauer vorstellen – aus Vers 5 und 6.
Zunächst Ruth. Sie stammt aus dem benachbarten Ausland Israels. Dort stirbt Ihr israelischer Ehemann. Ihre Schwiegermutter, die mit ihrem Sohn ins Ausland gezogen war, möchte nun in ihre Heimat nach Bethlehem nach Israel zurückgehen.
Als sie sich von ihrer Schwiegertochter verabschieden will, - da widerspricht diese und redet zu ihr völlig unerwartete Worte: „Wohin du gehst, will auch ich gehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich begraben sein.“ Die Erotik, die lesbische Erotik ist hier mit Händen zu greifen. Genau deshalb sind die Sätze - auch bei Hetero-Paaren - ein Renner als Trauspruch.
Die lesbische Erotik zeigt sich noch in einem anderen Satz des Buches Ruth, in dem wir hören, dass Ruth an ihrer Schwiegermutter klebte. Es ist nicht nur das Wort für Klebstoff im modernen Hebräisch, sondern in der Bibel wird es an mehreren anderen Stellen eindeutig für eine sexuelle Beziehung verwendet.
Ruth, die bisexuelle Frau aus dem Ausland mit einer lesbischen Seite – sie gehört zur Familie Jesu.
Gehen wir weiter zu ihrem Urenkelsohn, zum späteren König David – auch aus Bethlehem. Der Königssohn Jonathan wurde sein Freund. Wir lesen mehrfach in der Bibel, dass sie sich liebten. Nach dem Tod seines Freundes Jonathan sagt David, dass für ihn - im Vergleich zu seinen Erfahrungen in einer Hetero-Beziehung - die Liebesbeziehung mit Jonathan wie ein einziges Wunder war. Genau das Wort steht hier im Hebräischen, das auch für die Wunder Gottes verwendet wird. Welche tiefe Wertschätzung zeigt David hier seiner schwulen Seite und damit der queeren Liebe allgemein. - David ein Mitglied des Stammbaums und der Familie Jesu.
Ruth und David sind 2 strahlende queere, lesbisch-schwule Lichter - wie die zwei brennenden Lichter am Adventskranz in dieser Woche.
Die Freude über die Geburt Jesu am Weihnachtsfest kann man nicht haben – ohne Jesu Stammbaum wahrzunehmen und sich über Jesu Familie voller queer-bunter Persönlichkeiten zu
freuen. In diesem Sinne – eine gute 2.Adventswoche. Amen
wir haben gerade die 1.Kerze am Adventskranz angezündet. Juden feiern ja ungefähr während unserer Adventszeit des Chanukkafest mit 8 Kerzen an 8 aufeinanderfolgenden Tagen. Diesmal im Jahr 2021 haben wir sogar die liturgische Besonderheit, dass der Abend des 1.Adventssonntages auch der Tag der Entzündung der 1.Kerze am Chanukka-Leuchter ist.
Jesus feierte das Chanukkafest, das Wiedereinweihungsfest des Tempels, einmal sogar im Tempel in Jerusalem selbst, wovon Johannes berichtet: „Um diese Zeit fand in Jerusalem das Tempelweihfest statt. Es war Winter, und Jesus ging im Tempel in der Halle Salomos auf und ab.“ (Johannes-Evangelium 10,22 -23)
Die Ereignisse, die dem Chanukkafest zu Grunde liegen, finden wir in den Makkabäerbüchern (1.Makk 2,6-14; 4,52-59) der Bibel.
Das Chanukkafest beruht auf Ereignissen um das Jahr 165 v. Chr.. Eine fremde Macht regierte in Israel, die syrischen Seleukiden. Um 165 v. Chr. änderte sich die diktatorische Herrschaft zu einer tyrannischen Gewaltherrschaft gegen die kleine jüdische Minderheit im großen Seleukidenreich. Diese Gewaltherrschaft richtete sich gegen jüdische Kern-Identitäten. Der seleukidische König Anitochus IV verbot wichtige Teile der jüdischen Relgion, wie das Halten des Shabbat, ließ Bibelrollen verbrennen, errichtete im jüdischen Tempel einen Zeusaltar und verlangte, seiner Statur statt dem unsichtbaren Gott der Bibel zu opfern.
Dieser Angriff auf die Kernidentitäten der Juden und damit auch den Kern ihres Lebenssinns führte zu tiefer Traurigkeit, ja Verzweiflung: „Seht, unser Heiligtum, unsere Zierde und unser Ruhm, liegt verödet. Fremde Völker haben es entweiht. … Sie gaben sich tiefer Trauer hin.“ (1.Makk 2,12.14) Diese Verzweiflung gipfelt in der Frage von Vers 13. Die Frage ist kurz und klingt genauso, wie Verzweifelte reden: „Was für uns noch Leben?“ im Sinne von: „Was hat das Leben für uns noch für einen Wert? Wozu leben wir noch?“
Menschen, deren Identität bedroht oder gar zerstört wird, gerade weil sie einer Minderheit angehören, verlieren nicht selten den Lebensmut und denken an Selbstmord. In früheren Jahrzehnten haben in Deutschland viele Homosexuelle, die entdeckt wurden, ihr Leben selber beendet. Wissenschaftler der Mailänder Universität, die im Jahr 2018 ganze 35 Studien aus 10 Länder von Jugendlichen im Alter von 12 bis 20 Jahren auswerteten, kamen zu dem Ergebnis, dass queere Teenager sich noch immer deutlich häufiger das Leben nehmen als andere Jugendliche, ganz besonders häufig Trans-Jugendliche.
Aber das Makkbäerbuch bleibt bei der Verzweiflung über die eigenen Lebensumstände nicht stehen.
Die jüdische Minderheit verteidigt ihre Heiligtümer, ihren Glauben, ihre Identität. Sie haben den Mut, als Minderheit im großen Seleukidenreich sich für Befreiung von Unterdrückung, für Emanzipation einzusetzen. Die jüdischen Makkabäer ließen sich von der Übermacht der Unterdrücker nicht entmutigen, sondern stellten sich ihr für die eigene Identität und Freiheit entgegen. Schließlich haben sie Erfolg und können ihren Tempel wieder einweihen und dort ihre Identität, ihren Glauben leben.
Das einnert uns daran, wie Queers, Schwule, Lesben vor Jahrzehnten begonnen haben, ihre queere Identität gegen Herabwürdigung zu verteidigen. „Gläubig und Queer“ – auch dazu stehen wir selbstbewusst.
Das Ergebnis dieser Selbstbefreiung als Minderheit ist große Freude statt Trauer, Lebenslust statt Lebensfrust: „Acht Tage lang feierten sie die Altarweihe. … Im Volk herrschte sehr große Freude, denn die Schande, die ihnen die fremden Völker zugefügt hatten, war beseitigt. … Sie beschlossen, Jahr für Jahr … mit festlichem Jubel die Tage der Altarweihe zu begehen“. (1.Makk 4,56.58.59)
Der Erfolg dieses Befreiungskampfes, das Chanukkafest macht auch Queers weltweit Mut, dass auch ihr Befreiungskampf Erfolg haben kann. Amen
Hier finden Sie eine queere Auslegung
der Geschichte von Jakobs nächstlichem Kampf am Jabbok (1.Mose 32,23-33).
Dazu weitere Literatur:
Söderblom, Kerstin: "Kämpfen mit einem queeren Gott?" Aspekte einer queeren Theologie, in: Schmelzer, Christian: Gender Turn. Gesellschaft jenseits der Geschlechternorm, Bielefeld 2013, 173-187 (S.179: "Die beiden Männer wälzen sich durch den Matsch und kämpfen körperlich miteinander. ... eine erotische Begegnung". - S.180: "Der Unbekannte bleibt geheimnisvoll und jenseits einer zuweisbaren Geschlechtsidentität oder Rollenidentität. ... Obwohl er als Mann eingeführt wird".
Cornwall, Susannah: Wild rice and Queer Dissent: Wrestling with God in Gen 32:22-32, in: Isherwood, Lisa, u.a.: Wrestling with God. En lucha con Dios. Ringen mit Gott, Leuven 2010, 61-74 (S.63: "a profoundly erotic element in the man-on-man encounter between Jacob and his brawny adversary"),
Guest,Deryn/Goss,Robert E./West,Mona/Bohache,Thomas: The Queer Bible Commentary, London 2006 (S.48: "wrestling, especially wrestling all through the night, is a powerfully masculine image of male/male lovemaking." -
S.47: "Esau represents heteronormative masculinity ... Jacob ... in tents, Genesis is questionning his masculinity - Jacob is effeminate - perhaps also his sexuality. .. Rebecca ... loves her femmy son ... so that the straight butch, born to rule, is displaced by and must therefore defer to, the swishy, delicate, pretty boy.".) - "Esau war ein Mann geworden, der sich auf die Jagd verstand, ein Mann des freien Feldes. Jakob dagegen war ein untadeliger Mann und blieb bei den Zelten." (Genesis/1.Mose 25,27) - "Esau ... aß gern Wildbret." (Gen 25,28) - "Darauf gab Jakob dem Esau Brot und Linsengemüse." (Gen 25,34)
Hier finden Sie regelmäßig queere tagesaktuelle Artikel aus der evangelischen Kirche: kreuz & queer
Hier finden Sie das von der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) im Oktober 2016 herausgegebene Heft „'Hier ist nicht Mann noch Frau' Recht auf Gleichbehandlung ungeachtet sexueller Orientierung und Identität" mit ethischen Argumenten und gottesdienstlichen Hilfen
Seit 2011 gibt es jährlich die Sammelbände "Pink Christmas. Andere Weihnachtsgeschichten" (1-11) im Himmelstürmer-Verlag, die ca 10 adventlich-weihnachtliche Kurzgeschichten aus der queeren Lebenswelt enthalten, bei der die Weihnachtstradition und der christliche Weihnachtsglaube seinen Platz hat.
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Stand: 13. Oktober 2022
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